EMS-Training – Muskeln unter Strom

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Es ist DER neue Fitness-Trend: hocheffizientes Training mit elektronischer Stimulation, kurz „EMS“. Wie das Turbo-Training funktioniert und was sein Geheimnis ist. Erfahrungsbericht einer Fitness-Trainerin.

Anfang 2010: Es sollte schnell gehen, bitte sehr! Und gern auch mit möglichst wenig Schwitzen. Nach der Geburt meiner Tochter war ich auf der Suche nach einer zeitsparenden und effektiven Trainingsmethode zur Rückbildung meines Beckenbodens. Und: Zum „Ich-will-wieder-aussehen-wie-früher“-Paket sollte ein gezieltes Training meiner Bauch- und Rückenmuskulatur gehören. Der klassische Rückbildungskurs erschien mir als Trainerin aber nicht effizient genug. Also recherchierte ich im Web und stieß auf das etwas kryptisch klingende EMS-Training. Und das versprach genau, was ich suchte.

Elektro-Body

Ein Probetermin in einem kleinen Mikrostudio in Düsseldorf war schnell vereinbart. Ich bekam eine spezielle Trainingswäsche zum Anziehen und wurde in eine Art „Taucherweste“ mit eingenähten Elektroden für Brust, Bauch-, obere und untere Rückenmuskulatur gequetscht und mit Elektroden an den Armen, Beinen und der Gesäßmuskulatur versehen. Schön ist anders. Aber was tut man nicht alles, um schnell wieder in Form zu kommen.

Schon nach den ersten Minuten war mir damals klar: Das ist das effizienteste, was ich bis dato im Bereich Training kennengelernt habe. Wow! Davon will ich mehr!

Erste Ergebnisse

Schon nach wenigen Trainingseinheiten zu je 20 Minuten war meine gesamte Muskulatur insbesondere im Rumpf- und Beckenbodenbereich wieder ausreichend gestärkt. Und das Beste: Ich passte schlappe drei Monate nach der Geburt meiner Kleinen wieder in meine alten Sachen. Für mich ein so einschneidendes Erlebnis, dass ich es als Personal-Trainerin unbedingt auch an meine Kunden weiter geben wollte.

Aber vorher musste ich mehr wissen: Was ist EMS-Training im Detail? Und was macht diese Trainingsmethode so unglaublich effektiv?

Was ist EMS?

EMS steht für Elektro-Myo (Muskel)-Stimulationstraining. Das erfuhr ich ja bereits durch meine erste Internet-Recherche. Dass es ein hocheffektives und zeitsparendes Ganzkörpertraining mit Hilfe von Strom ist, hatte ich am eigenen Leib erfahren. Was ich bislang nicht wusste: Es ist schon länger in der Physiotherapie, in Arztpraxen und im Leistungssport bekannt.

Vereinfacht gesagt, erfolgt die Muskelstimulation durch elektrische Impulse. Um aktiviert zu werden, benötigen Muskeln Reize. Diese werden normalerweise über das zentrale Nervensystem ausgelöst und dann über das Rückenmark und die Nervenfasern an die entsprechenden Muskeln weitergeleitet. EMS ist also quasi eine externe Verstärkung der körpereigenen Reize.

Wie funktioniert es?

So weit so gut. Aber wieso ist es nun so effizient? Dahinter steckt folgender Mechanismus: Durch ein aktives Ausführen von beispielsweise funktionellen Übungen (Ausfallschritt, Kniebeuge, Crunches, etc.) plus dem Stromreiz von außen erfahren die Muskeln eine vielfach höhere Reizsetzung als durch das übliche Training. Schon ein bis zwei Mal pro Woche 20 Minuten können deshalb ausreichen, um maximale Trainingserfolge zu erzielen. Nach neuesten wissenschaftlichen Studien gibt es in Bezug auf den Beckenboden (Rückbildung nach der Schwangerschaft, Inkontinenz), Rückenschmerzen sowie Schnellkraft kaum eine andere Trainingsmethode, die so zeitsparend und effektiv ist.

Was EMS kann

Einige Wirkungen von EMS-Training im Überblick:

  • kann Rückenschmerzen lindern oder sogar komplett beseitigen (Studie der Universität Bayreuth)
  • wirkt bei Inkontinenz-Beschwerden bzw. Beckenbodenschwäche (z.B. aufgrund von Schwangerschaft/Geburt) (Studie der Charité Berlin)
  • erreicht optimal die tiefe Muskulatur, insbesondere Bauch und Rücken
  • steigert Schnellkraft, Maximalkraft und Ausdauer
  • steigert die Vitalität, das Wohlbefinden und die Motivation
  • verbessert das Körpergefühl und die Körperhaltung
  • gleichzeitiges Training von Agonist und Antagonist (Spieler und Gegenspieler wie z.B. Bizeps und Trizeps, also Oberarmvorder- und Rückseite)
  • gelenkschonenderes Training als z.B. klassisches Krafttraining mit Zusatzgewichten
  • fördert den Ausgleich muskulärer Dysbalancen
  • fördert durch eine erhöhte Stoffwechselaktivität während des Trainings die Reduktion von Körpergewicht und Körperfett (Studie der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen/Nürnberg)
  • kann durch die erhöhte Muskeldurchblutung Verspannungen oder sogar Verklebungen in der Muskulatur lösen
  • Heutzutage ist im Zeitalter von „Zeitmangel“ und „höher – schneller weiter“ EMS- Training kaum noch wegzudenken. Zeitungen, Zeitschriften und das Internet sind voll mit immer neuen Erkenntnissen zu diesem Thema. Mikrostudios wie beispielsweise „Bodystreet“ oder „25 Minutes“ sprießen wie Pilze aus dem Boden.

Risiken des EMS Trainings

Trotz vieler Vorteile des EMS-Trainings: Es gibt– wie bei anderen Trainingsmethoden auch – verschiedene Kontraindikationen, d.h. Menschen mit den folgenden Einschränkungen sollten ein EMS-Training gar nicht oder nur nach vorheriger ärztlicher Freigabe durchführen: Epilepsie, Herzschrittmacher, Schwangerschaft, schwere Durchblutungsstörungen, Bauchwand- oder Leistenhernie, Tuberkulose, Tumorerkrankungen, Arteriosklerose in fortgeschrittenem Stadium, arterielle Durchblutungsstörungen, schwere neurologische Erkrankungen, Diabetes mellitus, fieberhafte Erkrankungen, akute bakterielle oder virale Prozesse, Blutungen, starke Blutungsneigungen (Hämophilie).

Mich hat 2011 auf der Personal Trainer Conference in Bonn ein Vortrag einer Ärztin der Charité Berlin überzeugt, mir ein EMS-Gerät der Firma Miha Bodytec anzuschaffen und meinen Klienten diese Trainingsmethode anzubieten. Für „Couch- Potatoes“ und gestresste Menschen ist es durch die Zeitersparnis (20 Minuten effektive Trainingszeit) eine gute Möglichkeit, ein Training überhaupt in den Alltag zu integrieren. Es ist deshalb auch ein guter Weg, den inneren Schweinehund zu überwinden.

EMS-Studio

Fazit

EMS ist kein Allheilmittel, aber eine tolle Ergänzung eines herkömmlichen Trainings. Wer beispielsweise abnehmen möchte, der schafft das schlecht allein mit EMS. Aber in Kombination mit einer ausgewogenen und gesunden Ernährung sowie einem gezielten Ausdauertraining purzeln die Pfunde. Und mit einem Motivator in Form eines Personal Trainers an der Seite macht das Ganze dann auch noch doppelt Spaß.

Fotos: Willems, Miha Bodytec